2. Liga
9. Spieltag 22.08.2022
Spielbericht von Autonama

Von Linus Guggenberger:

Kurz vor dem Abspann kam Mal-Wieder-Interimstrainer Vogelsang ins Sinnieren: Ein Trainer, so der selbsternannte Medienliga-Magath, müsse vor allem Moderator sein.

In diesem Geiste also war er, der Cantian-Kulenkampff, etwa eine Stunde vorher die Showtreppe hinuntergestiegen, ganz der sanft fordernde Stichwortgeber eines vielversprechenden Line-Ups (frühzeitig los zum Flughafen musste keiner); auf den Moderationskärtchen variable Spielsysteme von Tannenbaum bis bauchiger Kreisel. Kreiseln auch der Lösungsansatz für das Luxusproblem Luxuskader, ständige Rotation auf den Außenpositionen (Reinartz, Roloff, Reißer, Richter) und in der Zentrale (Nußbaumeder, Claus, Guggenberger), als stabile Kreiselspitzen Afanasjew und Wolf.

Kriselnd hingegen die Gegner, mit dem Kopf bestimmt woanders bzw. in der 13. Etage. Oder würden sie nicht vielmehr befreit aufspielen? Bei der Autonama ließ man die (meisten) Anspielungen und Bonmots jedenfalls in der Kabine – und tat gut daran. Denn zur verordneten Charme- und Transparenzoffensive gehört ebenso: Die erste Viertelstunde ging eindeutig an die Abendschauer, durch deren rote Reihen der Ball lief wie auf vorgeöltem italienischen Parkett. Furchteinflößende Hochgeschwindigkeitseckbälle, Vorstöße und Schrägschüsse mit viel Wucht, doch Keeper Merkel hielt, was zu halten war, der Rest war mit Hinterherlaufen und dem sog. Wegverteidigen vollauf beschäftigt.

Spätestens zum Wetterbericht aber war die Autonama da, hatte mehr Spielanteile, mehr Ballkontrolle. Und dann: eine vermeintlich im gesamten Sendegebiet bekannte Eckballvariante, Guggenberger kurz auf Afanasjew, der scharf in die Mitte, Pippo Reinartz veredelt gekonnt – calcio cinico, der allen in Berlin lebenden Agnelli-Enkeln Tränen der Rührung in die Augen getrieben haben dürfte. Mister Cantuccelli sortierte stattdessen seine Moderationskärtchen und das Mittelfeld neu. Minuten später das 2:0 durch Claus, der ansonsten exzellente RBB-Torhüter hatte die Handschuhe für einen Moment gegen eine Familienpackung Flutschfinger eingetauscht. Eine Führung, die sich ihren Status als verdient erst allmählich erarbeitete. Kurz vor der etwa einminütigen Halbzeit noch die Großchance zum 3:0, drüber.

Nach kaum durchgezogenem Pausentee das gleiche Bild wie in Hälfte eins: abendschauriger Dauerstress rund um den Autonama-Strafraum, gefährliche Sololäufe, wenig Entlastung. Der Coach draußen aber weiter besonnener, gut gelaunter Conférencier, ein, zwei Umstellungen im Flutlicht, und schon spielte die Autonama wieder, als bewerbe sie sich um den Spieltermin am Samstagabend: souveräne und überlegte Passstafetten, schnelle Ballgewinne, flüssig vorgetragene Angriffe, Versprecher nur im Abschluss. Auch dank einer Reihe von glänzenden RBB-Rettungstaten der berühmte Sack also noch halboffen, der Mister weiter nicht im mentalen Massagesitz, aber überzeugt, dass das schon nicht mehr schiefgehen würde. Tat’s auch nicht, denn es tat sich nichts mehr: Hinten köpfte Wolf weiter geduldig jeden langen Ball raus, warf sich Merkel erfolgreich in den letzten Versuch, vorne blieb der Chancenwucher ein Fall für die Compliance-Abteilung.

Und der Interimscoach? Zog kurz den Hut (vor dem Gegner ebenfalls), sagte Champs-Élysées, packte zufrieden die Moderationskärtchen ein und winkte zum Abschied oben an der Showtreppe noch einmal, ein Mehr-Als-Interimslächeln im Gesicht.



Tore: 1:0 Reinartz (Afanasjew, 20.), 2:0 Claus (Afanasjew (?), 32.) – Zeitangaben grob geschätzt

Autonama: Merkel; Wolf; Roloff, Reinartz, Reißer, Richter; Nußbaumeder, Claus, Guggenberger; Afanasjew
Spielbericht von rbb Abendschau
Ohne Führungsetage und ohne Capitano Vapiano dafür hochmotiviert sollte irgendwie die Überraschung gegen den ungeschlagenen Tabellenführer gelingen. So sah es in den Anfangsminuten tatsächlich auch so aus, als wäre hier etwas drin. Nach einem kräftigen Wumms von The Huf aus gewohnter halbrechter Position, der knapp am Tor vorbei segelte, wurde gleich in der 1. Minute das erste Statement gesetzt. Auch in den folgenden 10 Minuten sah das garnicht so schlecht aus. Gleich zwei Mal tauchte mit Ivo und Flo ein rbb-Kicker mutterseelen allein vor dem Keeper der Autonama auf, doch beide Schüsse ähnelten eher einer Rückgabe, als einem wirklichen Abschluss. Und wie es gegen einen solchen Gegner eben so ist; werden die wenigen Chancen nicht genutzt, wird's schwer. Denn ab da übernahm der Gegner die Regie. Feine Ballpassagen, Seitenwechsel, durchdachte Läufe in die Tiefe. All das war dann für die ersatzgeschwächte rbb-Truppe augenscheinlich zu viel. So fiel nach einer kurz herausgespielten Ecke nach ca. 12 Minuten das 1:0, gefolgt vom 2:0 nach etwa 20 Minuten. Zwar gab sich die Abendschau auch nach diesem Rückstand nicht auf und versucht das Ding zu drehen, aber für wirklich zwingend herausgespielte Chancen wurde im Duden wohl das Wort Rarität definiert. Einem grandiosen Basti im Tor und zwei Rettungsaktionen von Tobi und Vincent auf der Linie war es dann zu verdanken, dass das Ergebnis nicht weiter in die Höhe geschraubt wurde.